Prüfungsschema: Die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber

I.Ordnungsgemäße Kündigungserklärung

  1. Empfangsbedürftige Willenserklärung, §§ 104 ff BGB (beachte gegebenenfalls §§ 164 ff BGB).
  1. Aus ihr muss für den Empfänger eindeutig hervorgehen, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet sein soll (Bestimmtheitserfordernis).
  1. Beachte die Bedingungsfeindlichkeit (vgl. 158 BGB) der Kündigungserklärung (Ausnahme: Der Eintritt der Bedingung hängt ausschließlich vom Willen des Kündigungsempfängers ab (sog. Potestativbedingung), etwa bei der Änderungskündigung).
  1. Früher Formfreiheit, seit dem 1.5.2000 ist die Schriftform erforderlich (§ 623 BGB). Beachte § 126 I BGB!
  1. Der Kündigungsgrund muss nicht angegeben werden (zumal keiner erforderlich ist, solange das KSchG nicht anwendbar ist, s.u.); eine anderslautende Vereinbarung ist jedoch möglich (durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag).
  1. Wirksamwerden mit Zugang, §§ 130 ff BGB.

II.Ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates gern. § 102 BetrVG (bzw. des Sprecherausschusses gern. § 31 SprAuG bei leitenden Angestellten)

  1. Der Arbeitgeber muss alle für die Kündigung bedeutsamen Umstände mitteilen, so dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen zu einer Stellungnahme in der Lage ist (subjektive Determination).
  1. Der Betriebsrat muss sich innerhalb einer Woche äußern, andernfalls gilt seine Zustimmung als erteilt, § 102 II S. 1,2 BetrVG.
  1. Beachte: Der Arbeitgeber kann trotz eines erfolgten Widerspruchs die Kündigung aussprechen, § 102 IV BetrVG!
  1. Beachte den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im Falle des § 102 V S. 1 BetrVG!

III.Besonderer Kündigungsschutz z.B. gemäß

  1. 9 MuSchG
  2. 18 BEEG
  3. 15 KSchG
  4. § 85 ff SGB IX
  5. 2 ArbPISchG
  6. 78 I Nr. 1 ZivildienstG

etc.

IV Allgemeiner Kündigungsschutz nach KSchG

  1. Persönliche Anwendbarkeit, § 1 I KSchG
  1. Anwendbarkeit, § 23 I S. 2 KSchG
  1. Soziale Rechtfertigung der Kündigung, § 1 I KSchG:

 a) §I II S. 1 KSchG:

 

Personenbedingte Kündigung, z.B. aufgrund mangelnder Eignung, lang andauernder, häufiger oder leistungsmindernder Krankheit entscheidend kommt es auf eine negative Zukunftsprognose an.

Gründe in der Person des Arbeitnehmers

Verhaltensbedingte Kündigung, z.B. aufgrund schlechter Leistung, Verstöße gegen die betriebliche Ordnung, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (Beachte: i.d.R. ist eine vorherige Abmahnung erforderlich; u.U. ist in solchen Fällen auch eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB gerechtfertigt!).

Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers

Betriebsbedingte Kündigung (beachte § I III zur Sozialauswahl sowie § la zur Abfindung!).

Dringende betriebliche Erfordernisse (Betriebsbedingte Kündigung)

b) Bei einer personen- oder verhaltensbedingten Kündigung ist stets eine umfassende Interessenabwägung erforderlich!

 c) Vorrang der Änderungskündigung beachten, § 2 KSchG, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ‚des Arbeitnehmers zu anderen Bedingungen möglich und zumutbar ist. Der Arbeitnehmer kann ablehnen, annehmen oder annehmen unter dem Vorbehalt, dass die Änderungskündigung nicht sozial ungerechtfertigt ist, was im Rahmen einer Änderungskündigungsschutzklage zu ermitteln ist.

d) Es darf keine absolute Sozialwidrigkeit gem. § I II S. 2 und 3 KSchG vorliegen

4. Es gilt bei Kündigungen immer das Ultima-ratio-Prinzip.

 

V. Keine Unwirksamkeit der Kündigung gern. §§ 138, 242 BGB oder dem AGG (seit 18.8.2006 – beachte § 2 IV!)

 

VI. Die Unwirksamkeit der Kündigung wird geheilt, wenn die Klagefrist (materielle Ausschlussfrist, von Amts wegen zu beachten) für die Kündigungsschutzklage versäumt wurde, §§ 7 i.V.m. 4 S. 1,5,6 KSchG (beachte Neuregelung-einheitliche Kündigungsfrist seit dem 1.1.2004 – sie gilt jedoch „nicht bei einem Verstoß‘ gegen § 623 BGB!).

VII. Kündigungsfrist eingehalten, § 622 I-III BGB

  1. Verkürzung der Fristen nur durch TV möglich, § 622 IV S. 1 BGB; Ausnahmen: § 622 V BGB.

 

  1. Verlängerung der Fristen durch Arbeitsvertrag möglich, § 622 V S. 2 BGB.

 

  1. Beachte: § 622 II S. 2 ist wohl unwirksam gern. dem AGG.

VII. Bei Massenentlassungen §§ 17 ff KSchG beachten!

Wie Sie gesehen haben, gibt es bei einer Kündigung viel zu bedenken. Sollten Sie gekündigt worden sein, stellt sich somit die Frage, was Sie tun sollten.

Was tun bei einer Kündigung?

Weiterführende Informationen gibt  es hier:

Anhörung des Betriebsrates

Personenbedingte Kündigung

Verhaltensbedingte Kündigung

Krankheitsbedingte Kündigung

Betriebsbedingte Kündigung

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