Besteht im Betrieb des zu kündigenden Arbeitnehmers ein funktionsfähiger Betriebsrat, muss ihn der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung anhören, § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Unabhängig von Art und Inhalt der Kündigungsgründe ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam. Selbst in Eilfällen (fristlose Kündigung) muss der Betriebsrat grundsätzlich vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Da die Pflicht zur Anhörung des Betriebsrates bzw. des Personalrates aus dem Betriebs- bzw. Personalverfassungsgesetz folgt, kommt es nicht darauf an, ob zugunsten des Arbeitnehmers das Kündigungsschutzgesetz eingreift.
Der Betriebsrat muss zu jeder Kündigung eines Arbeitsverhältnisses angehört werden, unter anderem auch bei
- einem befristeten Arbeitsvertrag
- Teilzeitarbeit
- einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis („400-Euro-Jobs“)
Die Anhörung des Betriebsrats muss stets vor Ausspruch der Kündigung erfolgen.
Bei Kündigungen von leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat gem. § 105 BetrVG zu informieren.
Form und Inhalt der Mitteilung:
Voraussetzung für die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist eine Anhörung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber.
Da eine bestimmte Form der Anhörung nicht vorgeschrieben ist, ist eine mündliche Anhörung rechtlich möglich. Es ist aber davon abzuraten! Sie müssen im Kündigungsschutzverfahren die Anhörung beweisen, dies ist leichter möglich, wenn Sie schriftlich angehört haben. Richten Sie Ihr Schreiben an den Betriebsratsvorsitzenden und händigen Sie ihm auch Ihr Anhörungsschreiben aus.
Lassen Sie sich den Empfang des Anhörungsschreibens von Ihrem Betriebsrat bestätigen. Damit steht auch das Datum des Beginns des Anhörungsverfahrens fest. Dies ist wichtig für den späteren Ausspruch der Kündigung.
Zur Entgegennahme der Mitteilung über die beabsichtigte Kündigung ist grundsätzlich nur der Betriebsratsvorsitzende berechtigt. Im Falle seiner Verhinderung ist der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende berechtigt der Betriebsrat kann jedoch auch ein anderes Betriebsratsmitglied zum Empfang von Mitteilungen ermächtigen.
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat des Betriebes anhören, zu dessen Belegschaft der zu kündigende Arbeitnehmer gehört.
Folgende Angaben müssen gegebenenfalls. Bestandteil des Anhörungsverfahrens sein:
- Personalien des Arbeitnehmers
- Name des Mitarbeiters
- Geburtsdatum des Mitarbeiters
- Familienstand/Kinderzahl des Mitarbeiters (Angaben auf der Lohnsteuerkarte beachten)
- Unterhaltsverpflichtungen (soweit bekannt)
- Schwerbehinderungen
- Gesundheitsbeeinträchtigung durch Betriebs-(Arbeits-) Unfall
- Wohnort des Mitarbeiters
- betriebliche Angaben zur betreffenden Person
- Dauer der Betriebszugehörigkeit/Eintrittsdatum des Mitarbeiters (teilen Sie dem Betriebsrat auch etwaige Vordienstzeiten mit!)
- Abteilung, in der der Mitarbeiter beschäftigt ist
- Position des Mitarbeiters.
- Kündigungsgründe mit dazugehörigen Erläuterungen, z. B. auch Entlastungsmomente.
- Bei betriebsbedingten Kündigungen hat der Arbeitgeber die Gründe der Sozialauswahl darzulegen.
- Bei verhaltensbedingten Kündigungen sind dem Betriebsrat Abmahnungen und evtl. Gegendarstellungen zuzuleiten.
Werturteile oder stichwortartige Angaben reichen nicht aus, Ausnahme: eine Kündigung, die (noch) nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt BAG, 03.12.1998 2 AZR 234/98. Des Weiteren hat der Arbeitgeber inner- bzw. außerbetriebliche Gründe und deren Folgen für die Beschäftigten darzulegen. Die Tatsachen einer Unternehmerentscheidung sind konkret darzulegen. Bei personenbedingten Kündigungen wegen Krankheit sind ausführliche Angaben über Fehlzeiten, betriebliche und wirtschaftliche Auswirkungen zu machen:
- Art der Kündigung,
- eine außerordentliche Kündigung
- eine ordentliche Kündigung oder
- eine so genannte Verbundkündigung (außerordentlichen Kündigung und zugleich hilfsweise ordentliche Kündigung)
- evtl. bestehender Kündigungsschutz,
- Kündigungsfrist,
- Kündigungstermin,
- sonstige im Einzelfall mitzuteilende Besonderheiten
Der Betriebsrat muss durch die Unterrichtung in die Lage versetzt werden, sich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Kündigung ein eigenes Bild zu machen, ohne eigene Nachforschungen anstellen zu müssen. Tatsachen, welche er dem Betriebsrat nicht oder nicht rechtzeitig genug mitgeteilt hat, können vom ihm nicht mehr erfolgreich in den Kündigungsschutzprozess eingeführt werden. Der Arbeitgeber läuft also Gefahr einen Prozess zu verlieren.
Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats
1. Mitteilung von Bedenken
Der Betriebsrat soll nach § 102 Abs. 2 BetrVG den betroffenen Arbeitnehmer hören.
Kommt der Betriebsrat zu der Auffassung, dass er Bedenken gegen die Kündigung hat, so kann er diese dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen.
Der Betriebsrat kann seine Bedenken auf alle Gründe stützen, es muss sich dabei nicht um die Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG handeln.
Der Arbeitgeber hat sich im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 BetrVG mit den Bedenken zu befassen. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht an die Stellungnahme des Betriebsrats gebunden.
Der Betriebsrat muss seine Bedenken bei einer ordentlichen Kündigung binnen Wochenfrist, bei einer außerordentlichen Kündigung binnen drei Tagen mitteilen.
Erst nach Ablauf dieser Fristen darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen, sonst ist die Kündigung bereits deshalb unwirksam.
Die Frist kann nicht abgekürzt werden.
Gibt der Betriebsrat jedoch bereits vor Ablauf der Frist eine abschließende Stellungnahme ab, wird das Anhörungsverfahren damit beendet und der Arbeitgeber darf die Kündigung ausnahmsweise vor Ablauf der Frist aussprechen.
Die Stellungnahme des Betriebsrats ist nur dann wirksam, wenn ihr eindeutig zu entnehmen ist, dass der Betriebsrat keine weitere Erörterung des Falles mehr wünscht.
Der Tag, an dem die Information dem Betriebsrat gegeben wurde, zählt bei der Fristberechnung gem. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB nicht mit.
Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Wochentages.
Ist der Tag am Ablauf der Frist ein staatlich anerkannter Feiertag, dann läuft die Frist erst am Ende des darauffolgenden Werktags um 24:00 Uhr ab.
Arbeitgeber und Betriebsrat können eine Fristverlängerung vereinbaren.
2. Widerspruch des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 3 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG,
Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber nicht nur seine Bedenken mitteilen, sondern sogar der Kündigung widersprechen. Während die allgemeinen Bedenken sich auf alle nur denkbaren Gründe stützen kann, kann der Betriebsrat nur nach den im BetrVG verankerten Gründen des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 widersprechen.
Der Widerspruch muss nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG schriftlich innerhalb einer Woche schriftlich widersprechen.
Der Betriebsrat darf dabei nicht nur den Gesetzestext wiederholen oder auf ihn verweisen, sondern der Betriebsrat hat ein Mindestmaß an konkreter Argumentation darzulegen um eine Rechtswirksamkeit begründen zu können vgl. BAG, 17.06.1999, 2 AZR 608/98.
Der Arbeitgeber kann trotz des frist- und ordnungsgemäßen Widerspruchs des Betriebsrats die Kündigung aussprechen.
Der Arbeitnehmer kann im Rahmen einer evtl. Kündigungsschutzklage und gem. § 102 Abs. 5 BetrVG ausdrücklich seine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verlangen.
Bei einer geplanten außerordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat zwar Widerspruch einlegen, nachdem dies aber in § 102 Abs. 3 BetrVG nicht vorgesehen ist, bewirkt er die Rechtsfolgen des § 102 Abs. 5 BetrVG (Weiterbeschäftigungsanspruch) nicht.
3. Zustimmung zur Kündigung,
Eine solche Zustimmung sieht das Gesetz nicht vor. Eine solche Zustimmung führt auch nicht zur sozialen Rechtfertigung und Rechtmäßigkeit der Kündigung.
Der Arbeitgeber hat also nur bedingt etwas von einer solchen Zustimmung.
Der Arbeitgeber kann vom Betriebsrat eine solche Zustimmung auch nicht verlangen, selbst dann nicht, wenn die Kündigung offensichtlich gerechtfertigt ist.
4. Keine Stellungnahme
Wenn der Betriebsrat keine Stellungnahme abgibt, bzw. nicht innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG abgibt, so fingiert das Gesetz die Zustimmung.
Die Zustimmung gilt als erteilt.
Die Wirksamkeit von Kündigungen kann von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht werden, indem eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 102 Abs. 6 BetrVG vereinbart wird.
Dann kann der Betriebsrat als Mitverantwortlicher einer Kündigungsentscheidung betrachtet werden.
Im Übrigen entfällt durch solch eine Betriebsvereinbarung das Widerspruchsrecht des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG und ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 102 Abs. 5 BetrVG.
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