Sehr häufig wird der Arbeitgeber auch von Arbeitskollegen, aufgefordert einen Kollegen zu kündigen.

Gründe dafür können z. B. eine besondere Eigenschaft des Arbeitnehmers (z. B. Homosexualität, Behinderung, Krankheitsanfälligkeit, HIV-Infektion, Schmatzen in der Kantine, Körpergerüche)sein, oder in seinem Verhalten begründet sein (unkollegiales Verhalten, zu autoritärer Führungsstiel, Mobbing, üble Nachrede, verbreiten von Gerüchten).

Fraglich ist die juristische Einordnung des Kündigungsgrundes. Einen einheitlichen Kündigungsgrund „Druckkündigung“ gibt es nicht. Es kann sich bei den Gründen für eine Druckkündigung um einen verhaltens- oder personenbedingten oder sogar um einen betriebsbedingten Kündigungsgrund handeln.

Das juristische Problem besteht darin, dass nur der Arbeitgeber kündigen kann.
In der Regel ist die Kündigung auch in seinem Interesse, weil ihn die Person oder das Verhalten stört. Nun stört sich aber nicht der Arbeitgeber selbst an der Person oder dem Verhalten des Gekündigten, sondern Dritte, die wiederum Druck auf den Arbeitgeber ausüben, etwa indem z. B. Mitarbeiter mit Streik drohen oder mit Selbstkündigung, Nichtvergabe eines Auftrags durch den Kunden.

Die Kündigung stellt aber eine Härte gegenüber dem Gekündigten dar, die nur gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber ausreichende Kündigungsgründe für eine Kündigung hat.

Das Verhalten, welches von Dritten beanstandet wird stellt aber meistens keinen ausreichenden Kündigungsgrund für den Arbeitgeber dar.
Der Arbeitgeber kann also dem Druck, der auf ihn von Seiten der Dritten auf ihn ausgeübt wird, nicht entgehen, indem er einfach kündigt.

Sofern dem Arbeitgeber kein Kündigungsgrund zur Seite steht, hat er sich nach der Rechtsprechung zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellen.

Er darf der Drohung nicht nachgeben und muss sei es durch Überzeugungsarbeit, sei es durch arbeitsrechtliche Maßnahmen gegenüber den Drohenden zu versuchen dem Druck standzuhalten. Erst wenn das scheitert, darf der Arbeitgeber daran denken den von Kündigung Bedrohten durch arbeitsrechtliche Maßnahmen ihm gegenüber die Angelegenheit zu bereinigen. Er kann z. B. den von Kündigung bedrohten einen anderen Arbeitsplatz versetzen, ihm eine andere, gleichwertige Position, räumlich getrennt von den druck ausübenden dritten etc. anbieten.
Der von der Kündigung bedrohte muss dabei Nachteile in Kauf nehmen und muss dem Arbeitgeber entgegenkommen.

Erst wenn diese abgestuften Maßnahmen nicht zu einer Entspannung der Situation der Lage führen, kann eine Drückkündigung gerechtfertigt sein, weil es dem Arbeitgeber in aller Regel nicht zuzumuten ist, dass der Betrieb unter den Streitigkeiten unter den Mitarbeitern oder unter den Streitigkeiten zwischen Mitarbeiter und Kunden, leidet.

In aller Regel sind Streitigkeiten auch nicht einseitig verschuldet, wenn also in einer Gruppe Streit entsteht also z. B. zwischen Mitarbeitern untereinander oder zwischen einem Mitarbeiter und einem Kunden, dann hat der von der Druckkündigung bedrohte in aller Regel zumindest eine Mitschuld, weil er nicht frühzeitig deeskalierend eingewirkt hat. Zumindest ist es für den Arbeitgeber, grade im Nachhinein kaum aufklärbar, wer ursächlich für den Konflikt war. In solch einem Fall kann die Druckkündigung erlaubt sein. Wenn jedoch der Arbeitgeber selbst eine Mitschuld an dem Aufkommen von Streit oder ist er nicht rechtzeitig deeskalierend tätig geworden, dann ist die Kündigung nicht gerechtfertigt.

 

In einer jüngeren Entscheidung äußert sich das BAG zur Frage nach der Möglichkeit einer „echten Druckkündigung“ aus betriebsbedingten Gründen (BAG, Urt. v. 18.07.2013 – 6 AZR 420/12, veröffentlicht u. a. in DB 2013, 2934). Im Leitsatz zu 2 heißt es dazu:

„Eine Druckkündigung liegt vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Ein Fall der „unechten Druckkündigung“ liegt vor, wenn das Verlangen des Dritten gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein kann. Fehlt es an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit dieser sogenannten „echten Druckkündigung“ sind strenge Anforderungen zu stellen. Kann die Drohung nicht dadurch abgewendet werden, dass sich der Arbeitgeber schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellt, und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein.“

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:

„1. Eine Druckkündigung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Dabei sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  1. a) Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder eine verhaltensbedingte Kündigung erklärt (…). Eine solche Kündigung wird auch als „unechte Druckkündigung“ bezeichnet. Die Kündigung wird nicht primär wegen des durch den Dritten erzeugten Drucks erklärt, sondern wegen des personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes.
  2. b) Fehlt es hingegen an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer sogenannten „echten Druckkündigung“ sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden (…). Zu berücksichtigen ist hierbei auch, inwieweit der Arbeitgeber die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat (…). Typische Fälle einer echten Druckkündigung sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers (…).
  3. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur neben Zustimmung auch auf Kritik gestoßen.
  4. a) Ein Teil des Schrifttums sieht eine Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung entsprechend der Rechtsprechung als sozial gerechtfertigt an, wenn dem Arbeitgeber anderenfalls schwere wirtschaftliche Schäden drohen (…).
  5. b) Zum Teil wird eingewendet, dass es sich um keinen Fall der betriebsbedingten Kündigung handle, da keine arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsmöglichkeiten entfielen (…). Die Druckkündigung könne nur der personenbedingten Kündigung zugerechnet werden. Die Person des Arbeitnehmers sei der eigentliche Anlass für den von Dritten ausgeübten Druck (…).
  6. c) Andere Autoren lehnen die echte Druckkündigung gänzlich ab. Es liege kein Kündigungsgrund vor. Habe sich der Arbeitnehmer nichts zuschulden kommen lassen, dürfe das Mittel der betriebsbedingten Kündigung nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer wegen einer ungerechtfertigten Drohung seinen Arbeitsplatz verliere. Das Recht brauche dem Unrecht nicht zu weichen (…).
  7. Die in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die Einstufung einer echten Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG tragen nicht.

Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben (…). In beiden Konstellationen liegt der Kündigungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, der entweder agiert, d. h. eine Organisationsentscheidung trifft, oder auf eine bestimmte Situation reagiert. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Auftrag verliert und den Personalbestand an die noch verbleibende Arbeitsmenge anpassen muss (…). Bei einem Auftragsverlust entsteht für den Arbeitgeber eine Drucksituation, auf die er unternehmerisch reagieren muss, um den Fortbestand des Betriebs zu sichern.

Bei der echten Druckkündigung ist die Lage insoweit vergleichbar. Entstünden bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber, muss dieser aus wirtschaftlichen Gründen handeln. Der Kündigungsgrund ist damit seiner Sphäre zuzuordnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Druck von Vertragspartnern des Arbeitgebers ausgeübt wird (…). Die Person des zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmers ist nur mittelbarer Anlass für den eigentlichen Kündigungsgrund, dass von dritter Seite Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt wird. Wird der Druck als betriebliches Erfordernis verstanden, kommt es nicht darauf an, ob die Forderung nach der Entlassung berechtigt oder unberechtigt ist (…). Der Arbeitgeber sieht sich mit der Druckausübung konfrontiert, auch wenn sie inhaltlich unberechtigt sein sollte (…). Er muss abwägen, ob er dem Druck nachgibt oder nicht. Das Argument, dass der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer nicht entfällt, verliert dann an Gewicht, wenn bei Verwirklichung der Drohung der Beschäftigungsbedarf für Teile der oder sogar für die gesamte Belegschaft in Frage steht. Dies wird deutlich im Fall des angedrohten Auftragsentzugs: Reagiert der Arbeitgeber nicht und entzieht der Dritte den Auftrag, können wegen Wegfalls des Beschäftigungsbedürfnisses betriebsbedingte Kündigungen erforderlich werden. Die Erklärung einer Druckkündigung kann dies unter Umständen verhindern. Auch dies spricht für die Einstufung als betriebsbedingte Kündigung, die sozial gerechtfertigt sein kann.“

 

 

 

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